Nabelschnur-abklemmung: plazentare transfusion nutzen?

Die Geburt eines Kindes ist ein Wunder. Nach neun Monaten Schwangerschaft kommt das kleine Wesen endlich zur Welt, ein Moment voller Freude und Glück. Doch die Geburt ist auch ein komplexer Prozess, der viele wichtige Schritte beinhaltet, darunter das Abklemmen der Nabelschnur. In den letzten Jahren hat sich die Empfehlung zur Vorgehensweise beim Abklemmen der Nabelschnur geändert, und es gibt zunehmend mehr Diskussionen über die Vorteile einer plazentaren Transfusion.

Inhaltsverzeichnis

Die Plazentare Transfusion: Ein Geschenk der Natur

Die plazentare Transfusion findet in der Zeit zwischen der Geburt des Kindes und der Geburt der Plazenta statt. In dieser Phase pulsiert die Nabelschnur und ermöglicht den Transport von Blut aus der mütterlichen Plazenta zum Kind. Dieser Blutfluss führt zu einem erhöhten postnatalen kindlichen Blutvolumen und bietet dem Neugeborenen zahlreiche Vorteile.

Vorteile der Plazentaren Transfusion

  • Erhöhte Sauerstoffversorgung: Die plazentare Transfusion liefert dem Kind zusätzliches Blut, das reich an Sauerstoff und wichtigen Nährstoffen ist. Dies unterstützt die Anpassung des Neugeborenen an das extrauterine Leben, insbesondere in den ersten Minuten nach der Geburt, in denen ein physiologischer Sauerstoffmangel häufig vorkommt.
  • Verbesserte Hämoglobin-Konzentration: Durch die erhöhte Blutmenge steigt auch die Hämoglobin-Konzentration im kindlichen Blut, was die Sauerstofftransportkapazität verbessert.
  • Geringeres Risiko für Anämie: Studien zeigen, dass Kinder, die eine plazentare Transfusion erhalten haben, ein geringeres Risiko für eine Anämie in den ersten sechs Lebensmonaten haben.
  • Verbesserte Eisenversorgung: Kinder mit plazentarer Transfusion haben in den ersten Lebensmonaten höhere Ferritinspiegel, was auf eine bessere Eisenversorgung hinweist.

Die Empfehlung der WHO und der AWMF

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt seit 2012, die Nabelschnur erst nach einer bis drei Minuten nach der Geburt zu durchtrennen, während das Kind auf dem Niveau der Plazenta oder darunter gehalten wird. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) stimmt dieser Empfehlung zu und rät dazu, ein reifes Neugeborenes nach einer bis eineinhalb Minuten oder nach Auspulsation der Nabelschnur abzunabeln, jedoch ebenfalls mit der Auflage, das Kind vor dem Abnabeln nicht über dem Plazentaniveau zu halten.

Das Problem des Plazentaniveaus

Die Empfehlung, das Kind auf dem Niveau der Plazenta oder darunter zu halten, hat jedoch einen entscheidenden Nachteil: Es verhindert, dass die Mutter ihr Kind unmittelbar nach der Geburt auf den Bauch legen oder in den Arm nehmen kann. Dies kann zu einer Verunsicherung der Mutter führen und den wichtigen Erstkontakt zwischen Mutter und Kind, das Bonding, beeinträchtigen.

Die strikte Einhaltung dieser Empfehlung kann zu folgenden Szenarien führen:

  • Die Hebamme bittet die Mutter, ihr Kind nicht sofort in den Arm zu nehmen, sondern zu warten, bis die plazentare Transfusion abgeschlossen ist.
  • Die Mutter wird daran gehindert, ihren natürlichen Instinkt zu befolgen und ihr Kind zu berühren und zu halten.
  • Die Mutter kann sich verunsichert fühlen und das Bonding mit ihrem Kind kann verzögert werden.

Neue Forschungsergebnisse: Die Bedeutung des Niveaus?

Eine aktuelle randomisierte Multicenterstudie aus Argentinien wirft ein neues Licht auf die Bedeutung des Niveaus des Kindes während der plazentaren Transfusion. Die Studie ergab, dass die Position des Kindes, ob auf dem Niveau der Plazenta oder auf dem Bauch der Mutter, keinen signifikanten Einfluss auf die Menge des übertragenen Blutes hat.

Die Argentinische Studie: Ein Meilenstein in der Geburtshilfe?

Die Studie wurde von Dr. Nestor Vain und seinen Kollegen durchgeführt und in der Fachzeitschrift The Lancet veröffentlicht. 688 Frauen nahmen an der Studie teil, die in drei argentinische Krankenhäuser aufgeteilt wurde. Die Frauen wurden randomisiert in zwei Gruppen:

  • Plazentaniveau-Gruppe: Das Kind wurde direkt nach der Geburt zwei Minuten lang auf dem Niveau der Plazenta gehalten.
  • Abdominalniveau-Gruppe: Das Kind wurde direkt nach der Geburt zwei Minuten lang auf den Bauch der Mutter gelegt.

Die Ergebnisse zeigten, dass die durchschnittliche Zunahme des kindlichen Blutvolumens in beiden Gruppen nahezu identisch war (50 bis 53 Milliliter). Die Autoren der Studie schlussfolgerten, dass die Position des Kindes während der plazentaren Transfusion weniger entscheidend ist, als bisher angenommen wurde. Müttern kann somit empfohlen werden, ihr Kind auch während der plazentaren Transfusion auf den Bauch oder die Brust zu legen.

Limitierungen der Studie und zukünftige Forschung

Die argentinische Studie ist ein wichtiger Schritt in Richtung eines besseren Verständnisses der plazentaren Transfusion. Es gibt jedoch auch einige Limitierungen, die berücksichtigt werden müssen:

  • Die Studie wurde in Argentinien durchgeführt: Die Ergebnisse können nicht ohne weiteres auf andere Länder, insbesondere Deutschland, übertragen werden, da die geburtshilflichen Praktiken variieren können.
  • Fehlende detaillierte Beschreibung der Wiegemethode: Die Studie beschreibt nicht im Detail, wie die Kinder gewogen wurden, was die Interpretation der Ergebnisse erschwert.
  • Begrenzter Beobachtungszeitraum: Die Studie konzentrierte sich nur auf die ersten zwei Minuten nach der Geburt. Die Auswirkungen einer längeren Auspulsation der Nabelschnur wurden nicht untersucht.

Es ist wichtig, dass weitere Studien durchgeführt werden, um die Ergebnisse der argentinischen Studie zu bestätigen und die Auswirkungen der plazentaren Transfusion auf verschiedene Geburtskontexte zu untersuchen. Es ist auch wichtig, die Auswirkungen der verschiedenen Positionen des Kindes während der Transfusion auf das Bonding zwischen Mutter und Kind zu erforschen.

Häufige Fragen zur Nabelschnur und der Plazentaren Transfusion

Wie lange sollte die Nabelschnur pulsieren?

Die WHO empfiehlt eine Auspulsationsdauer von einer bis drei Minuten. Die AWMF empfiehlt eine Auspulsationsdauer von einer bis eineinhalb Minuten. Es ist wichtig, dass die Hebamme die Entscheidung über die Auspulsationsdauer im Einzelfall trifft und die individuellen Bedürfnisse von Mutter und Kind berücksichtigt.

Was passiert, wenn die Nabelschnur zu früh abgeklemmt wird?

Wenn die Nabelschnur zu früh abgeklemmt wird, kann das Kind nicht die volle Menge an Blut aus der Plazenta erhalten. Dies kann zu einem geringeren Blutvolumen, einem höheren Risiko für Anämie und einer schlechteren Sauerstoffversorgung führen.

Was passiert, wenn die Nabelschnur zu lange pulsiert?

Es gibt keine Hinweise darauf, dass eine längere Auspulsationsdauer negative Auswirkungen auf das Kind hat. Im Gegenteil, es kann sogar zusätzliche Vorteile bieten.

Kann die Mutter ihr Kind während der Auspulsation der Nabelschnur auf den Bauch legen?

Die argentinische Studie legt nahe, dass die Position des Kindes während der Auspulsation der Nabelschnur weniger entscheidend ist, als bisher angenommen wurde. Müttern kann somit empfohlen werden, ihr Kind auch während der Auspulsation der Nabelschnur auf den Bauch oder die Brust zu legen.

Was ist, wenn die Nabelschnur sehr kurz ist?

Wenn die Nabelschnur sehr kurz ist, kann es notwendig sein, sie früher abzuklemmen, um die Sicherheit von Mutter und Kind zu gewährleisten. Die Hebamme wird die Situation beurteilen und die bestmögliche Vorgehensweise im Einzelfall festlegen.

Fazit: Die plazentare Transfusion - ein wertvolles Geschenk

Die plazentare Transfusion ist ein natürlicher Prozess, der dem Neugeborenen zahlreiche Vorteile bietet. Die aktuellen Forschungsergebnisse zeigen, dass die Position des Kindes während der Auspulsation der Nabelschnur weniger entscheidend ist, als bisher angenommen wurde. Es ist wichtig, dass die Hebamme die Entscheidung über die Auspulsationsdauer im Einzelfall trifft und die individuellen Bedürfnisse von Mutter und Kind berücksichtigt.

Die plazentare Transfusion ist ein wertvolles Geschenk, das dem Kind einen optimalen Start ins Leben ermöglicht.

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